top of page

"Wer die Bildungskrise lösen will, muss Druck aus dem überlasteten System nehmen"

Hintergründe & Ziele

Dieser Forderung der Initiatoren des bundesweiten Bildungsprotests schließen wir uns vollumfänglich an! Leistungsdruck, personeller Unterversorgung, Schulangst, Mobbing, psychische Probleme, übervollen Bildungsplänen, maroden Schulgebäuden - die Liste scheint endlos. Nichts davon fördert das eigentliche Ziel Bildung, dennoch wird mit Macht daran festgehalten.

​

Genauso zahlreich wie die Symptome sind die Lösungsideen aus Politik und von handelnden Personen im System: G8, G9, mehr Geld, kleinere Klassen, Doppelbesetzung, neue Fächer, lernen mit digitalen Hilfsmitteln, Förderangebote...

​

Die meisten dieser Lösungsvorschläge haben einen Grund im Detail, aber die wenigsten von ihnen gehen an den Kern des Systems:

​

Wie soll ein System, das von einem autoritären Beschulungsgedanken geprägt ist, effektives Lernen für Schülerinnen und Schüler ermöglichen?

​

Wir glauben, dass das nicht geht!
 

​

Schülerinnen & Schüler in den Mittelpunkt

​

Mit unserer Initiative möchten wir die Interessen und Bedürfnisse der Lernenden ins Zentrum der Organisation von Schule und Bildung stellen. Kinder und Jugendliche müssen in ihrer eigenen Bildungsgeschichte vom Objekt der Beschulung zum Subjekt ihres Lernens werden. 
 

Das setzt gleichermaßen Freiheiten bei der Wahl von Bildungsumfeld - & inhalten sowie die Abschaffung von Zwang voraus.

​

Rechtliche Situation

§ 41 a HmbSG Schulzwang
Kinder, die trotz schriftlicher Aufforderung einer Vorstellung nach § 42
Absatz 1 oder der Anmeldung nach § 42 Absatz 2 fernbleiben, oder
Kinder und Jugendliche, die einer Vorstellung nach § 42 Absatz 6 fernbleiben oder der Schulpflicht nach §§ 37 bis 39 nicht nachkommen, können der Schule oder der mit der Untersuchung beauftragten Stelle zwangsweise zugeführt werden. § 23 Absätze 2 und 3 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 13. März 1961 (HmbGVBl. S. 79, 136), zuletzt geändert am 9. September 2003 (HmbGVBl. S. 467), in der jeweils geltenden Fassung findet Anwendung

Die Vorbehalte

Schulpflicht / Schulzwang

​

Für viele Menschen in Deutschland ist die Schulpflicht selbstverständlich. Diskussionen über die Lockerungen von Schulanwesenheitspflicht lösen oft Sorgen aus. Als zentrale Argumente für die Schulpflicht gelten:

​

  • Schutz vor häuslicher Gewalt an Kindern

  • Gegengewicht zu religiöser / politischer Indoktrination der Kinder durch das Elternhaus

  • Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts durch gemeinsames Lernen 

​

Schulzwang, also die Durchsetzung der Schulpflicht mit Zwangsmaßnahmen, ist hingegen wenig im Fokus der Diskussion und vielen nicht bekannt, obwohl er als Drohung für alle "Schulpflichtigen" in der DNA des Systems steckt, oder er wird als notwendiges Übel eben so hingenommen.

​

Fragen, ob mit Zwang Bildung erreicht werden kann und was die gesellschaftlichen Ziele unserer Bildung eigentlich sind, finden in der Diskussion kaum statt. 

Faktencheck

Schulpflicht / Schulzwang

​

Grundgesetz Art. 7 Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates. Soweit so gut. Das ist nicht ganz so konkret wie die Anforderungen an die Formulierung der Forderungen einer Volksinitiative :-), aber zum Glück regeln 16 einzelne Landesgesetze in Deutschland die Details. Das Grundgesetz sagt nichts über Schulpflicht oder -zwang, nicht einmal über die gesellschaftliche Rolle von Bildung oder deren Zielen.

 

Umso erstaunlicher ist die einhellige Interpretation dieser staatlichen Aufsicht durch die Bundesländer in Form von Schulpflicht und deren Durchsetzung im Zweifel mit Zwang. Der disziplinarische Werkzeugkoffer umfasst Bußgelder, Zwangsgelder, Beugehaft für Eltern oder sogar Jugendarrest. 

​

 

  1. Mit diesem Verhältnis zu Bildung und Kinderrechten in der Bildung steht Deutschland international ziemlich alleine da.

    Der internationale Vergleich zeigt, dass die meisten europäischen Länder Schulpflicht als Bildungspflicht verstehen oder Ausnahmeregelungen von der Schulpflicht genehmigen.
    Kurzer Überblick über die rechtliche Situation in anderen Ländern
     
  2. Und unsere Bildungspolitik will uns immer noch glauben machen, dass man Lernen erzwingen kann. Willkommen in Deutschland im Jahr 2023.

    Neurobiologische Erkenntnisse belegen, was viele aus eigener Erfahrung wissen: Jeder lernt anders. 

    Die wesentlichen Faktoren für gelingendes Lernen fasst ein Vortrag der Neurobiologie Würzburg gut zusammen. Den kompletten Vortrag gibt es hier zum Download

​

​

​

​

Neurobiologische Erkenntnisse zum Lernen 1. Jedes Gehirn ist ein Unikat, daher unterschiedliche Wahrnehmung gleicher Unterrichtsstunde mit gleicher Lehrkraft. 2. Enorme Leistungsfähigkeit des kindlichen Gehirns kaum zu überfordern, aber Gefahr der Demotivation (langweiliges Pauken, ständige Misserfolge, destruktive und inkonsequente Kritik, Strafen, Demütigung). 3. Wissen kann nicht übertragen, sondern nur im Gehirn des Lernenden erzeugt werden. 4. Wissensaneignung beruht auf Rahmenbedingungen und wird durch Faktoren gesteuert, die unbewusst ablaufen und (schwer) beeinflussbar sind.

Anforderungen an schulisches Lernen 1. Schüler müssen Möglichkeit haben, konkrete Erfahrungen zu machen. 2. Lernprozesse eingebunden in soziale Situationen sind effektiver. 3. Lernprozesse effektiver, wenn Interessen/Ideen der Lernenden berücksichtigt sind. 4. Lernen effektiver, wenn das vorhandene Vorwissen mobilisiert wird. 5. Lernen effektiver, wenn positive Emotionen in das Lernen eingebunden werden. 6. Schüler prägen sich Details besser ein, wenn Sie den Zusammenhang mit einem Ganzen verstehen. 7. Mit der entsprechenden Lernumgebung wird das Lernen intensiver. 8. Lernen wird verbessert, wenn Zeit zum Reflektieren bleibt. 9. Es wird besser gelernt, wenn Schüler Informationen und Erfahrungen miteinander verbinden können. 10.Lernprozesse effektiver, wenn auf individuelle Unterschiede der Lernenden eingegangen wird. 11.Schüler lernen besser mit einer unterstützenden, motivierenden, herausfordernden Umgebung. 12.Lernen effektiver wenn Talente und individuelle Kompetenzen berücksichtigt werden. (nach Margret Arnold)

Kinderschutz

​

Kinderschutz ist ein hohes Gut. Obwohl die damalige Familienministerin Giffey schon 2019 behauptete "Unser Anspruch ist, zu einem der kinderfreundlichsten Länder Europas zu werden", wird Deutschland für die Umsetzung der Kinderrechte stark kritisiert. So kommt Unicef nach dem Bericht der National Coalition zu dem Schluss: Zahlreiche Kinderrechte werden in Deutschland verletzt.  Unser Bildungssystem spielt bei der schlechten Beurteilung der Situation der Kinder eine bedeutende Rolle. Für die Frage nach Schulpflicht und Schulzwang bedeutet dies: Wenn die Schulpflicht dem Schutz von Kindern vor häuslicher Gewalt oder Missbrauch dienen würde, müsste Deutschland mit seiner rigiden Auslegung im Kinderschutz international weit vorn stehen. Weit gefehlt. Laut Rangliste der OECD-Staaten nach ausgewählten Kriterien des Kindeswohls im Jahr 2020 belegt Deutschland Platz 14, deutlich hinter den Niederlanden (Platz 1), in denen der Schulbesuch zB aus Gewissensgründen verweigert werden kann. 

Extremismus
 

Die Bundeszentrale für Politische Aufklärung definiert Extremismus als "Bestrebungen, die sich gegen das jeweils herrschende politische System richten und auf dessen Abschaffung dringen". Die größten Gefahren gehen dabei aktuell vom Rechtsextremismus aus. Außerdem werden als Gefahren Linksextremismus, religiöser Fundamentalismus und regionaler Separatismus genannt.

 

Vor denen soll die Schulpflicht also schützen. Wie gut tut sie das?

Laut Angaben des Bundesamts für Verfassungsschutz nimmt die Zahl der Menschen mit rechtsextremen Positionen und die Anzahl an rechtsextremen Straf- & Gewalttaten in Deutschland seit 5 Jahren kontinuierlich zu. Auch andere Formen des Extremismus finden wir in Deutschland, ebenso wie im Rest von Europa, in denen die Schulpflicht anders geregelt ist.  In internationalen Vergleich spricht also einiges gegen eine Extremismus verhindernde Kraft der Schulpflicht. 

​

Überblick Rechtsextremismus in Deutschland

​

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

​

Unabhängig davon, ob man sich der Meinung des Instituts der Deutschen Wirtschaft anschließen möchte, nach der es keinerlei Anzeichen für eine Spaltung der Gesellschaft in Deutschland gibt oder der medialen Aufregung über Gendern, Heizen und Umweltschutz folgt, eines lässt sich seit Jahren nach wie vor belegen: Das Deutsche Schulsystem ist sozial ungerecht, es zementiert die Aufteilung in die mit mehr und mit weniger Chancen an gesellschaftlicher Partizipation. Das ist das Gegenteil von Zusammenhalt. Schulischer Erfolg hängt in unserem Land sehr viel stärker an der Bildung des Elternhauses als in anderen Ländern. 

​

Bildungserfolg hängt noch immer am Schulabschluss der Eltern

 

Bildungsgerechtigkeit - Wenn die soziale Herkunft entscheidet

​

Selbst in Puncto Abschlüsse steht Deutschland mit seiner Interpretation von Bildung nicht besonders erfolgreich da. (Frühzeitige Schul- & Bildungsabgänger im Vergleich)

​
 

​

Deutscher Sonderweg

Mit der Umsetzung der Schulpflicht als Schulzwang geht Deutschland international einen Sonderweg. Es gibt in anderen Ländern und in diesem Land zur Coronazeit vielfach erprobte Alternativen für den Fall, dass der Schulbesuch zum Problem wird.

Vorbehalte Teil 2

Gleichstellung von Schülerinnen und Schülern an Privatschulen


Privatschulen haben in Deutschland den Nimbus des Besonderen. Viele Menschen verbinden mit ihnen Exklusivität und Elitenbildung und lehnen sie deshalb ab. Das entspricht allerdings in der Regel nicht den Tatsachen.

Faktencheck

In Hamburg besuchen knapp 10%, also ca. 20.000 Schülerinnen und Schüler Schulen in freier Trägerschaft. Laut Behörde für Schule und Berufsbildung sind sie "Bestandteil des Schulwesens der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie erweitern das schulische Angebot und können das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts fördern." Wir haben es hier also mit einem wichtigen Baustein der Bildungsvielfalt zu tun.

​

Schulen in freier Trägerschaft haben neben zB einer konfessionellen Ausrichtung oft spezielle Profile, die sich an eine Schülerschaft richten, deren Bedürfnisse im staatlichen Schulsystem nicht erfüllt werden. Häufig finden in diesen Schulen Kinder Zuflucht, die sich im Regelschulbetrieb nicht gut aufgehoben fühlen. Dies sind zum Beispiel Kinder & Jugendliche mit besonderen Begabungen, Hochsensible oder ausgeprägter musischer Neigung.

 

Nach aktueller Regelung entscheidet über den Zugang zu diesen Schulen die finanzielle Leistungsfähigkeit der Eltern und erst dann die inhaltliche Passgenauigkeit für das Kind. Darüber hinaus herrschen an den privaten Schulen unterschiedliche Regeln für die Erlangung von Abschlüssen. Während Schüler der katholischen Schulen in Hamburg die gleichen Bedingungen für Schulabschlüsse haben wie an staatlichen Schulen, müssen Schüler anderer staatlich genehmigter Privatschulen sich externen Prüfungen unterziehen. Sie gehen zwar ebenfalls 12 oder 13 Jahre zur Schule und lernen nach den gleichen Bildungsplänen, aber ihre Schulnoten zahlen bei vielen dieser Schulen nicht auf die Abschlussnoten ein und im Abitur müssen sie doppelt so viele Prüfungen ablegen wie die Schüler an staatlichen Schulen.

​

In der Regel kostet der Besuch einer privaten, staatlich genehmigten Schule in Hamburg monatlich 200 €, plus Lehrmittel und Prüfungsgebühren in Fällen, in denen Schüler der privaten Schulen externe Prüfungen ablegen müssen. Härtefallregelungen ermöglichen diesen Bildungsweg für einige wenige.

​

 

Es geht nicht um Elitenbildung

Wenn wir es ernst meinen, mit der Bildungsvielfalt und der Wahl des Bildungswegs durch die Lernenden, muss die Ungleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler auf vergleichbaren, staatlich genehmigten Bildungswegen in Bezug auf Finanzierung und Anforderungen beendet werden. Vielmehr noch wird die Gleichstellung von Schülerinnen und Schülern in staatlichen und staatlich genehmigten Schulen zur Chancengleichheit beitragen und damit die vermeintliche Exklusivität abbauen.

Vorbehalte Teil 3

Homeschooling und die "komischen Eltern" aka Parallelgesellschaft

​

Erst für alle verboten, dann zwei Jahre für alle Pflicht, danach wieder für alle verboten. Diese radikalen Wechsel erklären sich nicht aus pädagogischen Erwägungen, sondern werden einzig mit nachgelagerten gesellschaftlichen Zielen gerechtfertigt. In Deutschland hält sich hartnäckig das Vorurteil, Eltern mit besonderen religiösen oder weltanschaulichen Ansichten würden ihre Kinder von Bildung fern halten, wenn es die Möglichkeit zum Homeschooling bzw. Fernunterricht gäbe. Mal abgesehen von der Frage, welche Religion und Weltanschauung denn die richtige ist für die Kindererziehung, kann Homeschooling eine wertvolle Alternative oder ein ergänzender Bildungsweg in bestimmten Fällen sein, in denen Kinder besser und konzentrierter zuhause arbeiten. Für andere Kinder ist der Weg eher von Nachteil. Muss man ihn deshalb für alle verbieten?

​

Faktencheck

Homeschooling und digitaler Fernunterricht sind in vielen Ländern weltweit erlaubt. Deutschland stellt hier neben wenigen weiteren Ländern eine strikte Ausnahme dar, was die gesetzliche Schulanwesenheitspflicht betrifft. Einen Überblick über die Regelungen der Schulpflicht in einzelnen Ländern gibt es hier bei Busines on.

​

Die Möglichkeit des Heim- oder Fernunterrichts bieten deutlich mehr Flexibilität für das lernende Kind. Das gilt sowohl für die Art des Wissenserwerbs als auch für die Integration des Lernens in den Tagesablaufs.

​

Besonders die Erfahrungen mit dem Fernunterricht in der Corona Zeit haben gezeigt, dass einige Schülerinnen und Schüler sehr wohl stark vom konzentrierten Lernen zuhause profitieren konnten und ihre Leistungen und Motivation steigern konnten. Gleichzeitig verloren andere Kinder - oft aus sozial beengten Verhältnissen - aufgrund von mangelnder Ruhe oder häuslicher Unterstützung den Anschluss. 

​

Kein Allheilmittel

Homeschooling ist nicht die Antwort auf alle Lernprobleme und nicht der richtige Weg für jedes Kind zum Bildungserfolg. Aber es gibt Kinder, denen es sehr bei der Konzentration oder dem Lernen im eigenen Tempo hilft. Unter dem Aspekt von gerechten Bildungschancen für jedes Kind spricht also viel dafür, es in passenden Fällen zu genehmigen. Im Berufsleben diskutieren wir ein Recht auf Home Office, wann kommt die Schule in dieser Gegenwart an?

Wir brauchen euch

Unterstützt uns mit eurer Unterschrift!

Herunterladen, ausdrucken, unterschreiben und zurückschicken.

Für 10.000 Unterschriften bis Februar 2024.

bottom of page